Jetzt beginnt wieder die Zeit des Kofferpackens. Zwar stehen die Vorboten des Urlaubs bislang nicht in den Zimmern, aber bei manchen von uns fängt bereits die Diskussion im Kopf an: »Welche Spiele muss ich unbedingt einpacken?« »Welches Bade-Utensil darf ich auf gar keinen Fall vergessen?« »Welches Buch muss ich bis nächste Woche besorgen?«
Gleichzeitig fordert das Ende des Schul- oder Kindergartenjahres seinen ihm zustehenden Platz in unserer Gedankenwelt. Automatisch ziehen wir Bilanz, was unsere Kinder im vergangenen Jahr gelernt haben und staunen über ihre Entwicklung: Entweder sind wir zufrieden oder vielleicht auch beunruhigt.
Nebenher läuft in unserem Oberstübchen der normale Alltagswahnsinn weiter: »Denke an das Geschenk für Jule, Laura ist morgen zu ihrem Geburtstag eingeladen.« – »Ach du Schreck, Moritz sollte doch heute einen Schuhkarton mit in die Schule bringen! Woher bekomme ich den jetzt?« – »Gleich klingelt deine Freundin Carolin. Wenn die sich am Tisch niederlässt, wird sie statt Cappuccino das Abendessen von gestern sehen.«
Und als ob diese Maschinerie in unserem Gehirn nicht schon genug Zahnrädchen hätte, gesellen sich noch weitere,größere dazu: am gestrigen Abend der Krach mit dem lieben Mann, soeben die Kollision mit der Tochter. Wir werden angetrieben und kommen kaum zur Ruhe. Anstatt dass es rund läuft, verspüren wir Sand im Getriebe.
Wir Frauen können nicht anders, als zu denken und zu fühlen, zu fühlen und zu denken. Leerlauf ist nicht unsere Sache. Selbst wenn wir in die Ferien gestartet sind und alle Viere von uns strecken, arbeitet es in unserem Kopf weiter. Frauen überlegen immer etwas. Wir drehen und wenden unsere Vorstellungen, besehen sie uns von vorne und von hinten. Und sobald die Angelegenheit erledigt ist, steht schon der nächste wichtige Gedanke vor der Tür, um sich breitzumachen.
Wie bekommt nicht nur mein Körper, sondern auch meine Seele Urlaub und Erholung?
Eigentlich gibt es da eine sehr einfache Hilfe. Die Umsetzung fällt mir jedoch unendlich schwer: Ich vergebe mir selbst von ganzem Herzen – wie Gott mir vergeben hat. Ich deprimiere mich nicht länger mit Schuldeinflüsterungen. Eigentlich sind das ja nur noch Gefühle, die mir allerdings wie Tatsachen erscheinen.
Wenn Gott mir vergeben hat, gilt:
• Ja, ich bin gestern wieder explodiert und, ja, ich habe meinen Mann verletzt. Trotzdem hat er mir verziehen – und ich tue es genauso!
• Ja, ich bin vorhin unfreundlich mit unserer Tochter umgegangen. Aber ich habe mich ehrlich entschuldigt – und ich verzeihe es mir selbst.
Da Jesus mir vergeben hat, fehlt jeder Grund, mich an meinem Versagen festzuhalten und weiter darüber nachzusinnen. (Es sei denn, dass ich einen Weg suche, daraus zu lernen. Allerdings sind das aufbauende Erkenntnisse.)
Wahrscheinlich schüttelt Gott nur ungläubig den Kopf über meine hausgemachte Verzweiflung und denkt: Worüber zerbricht sich Eleonore da nur den Kopf? Diese Sache gibt es doch gar nicht (mehr)!
Also streiche ich alle Gedanken, die mit Selbstvorwürfen zu tun haben: Schuhkarton verschwitzt? Die Welt dreht sich trotzdem weiter und Moritz lernt, mit wenig perfekten Menschen umzugehen. Geschenk für Julia kein bisschen vorbereitet? Laura trainiert dadurch, selbst daran zu denken und sich Ideen einfallen zu lassen, was ihrer Freundin wohl gefallen wird.
Ich will für mich selbst lernen, was »vergeben und vergessen« bedeutet. Ich versöhne mich mit mir selbst, mit diesem so unvollkommenen Wesen. So wird mein Kopf um vieles freier – und zusätzlich ordnen sich meine Gefühle. Vielleicht hat auf diese Weise der Familienurlaub sogar eine Chance, tatsächlich erholsam zu werden. Vor allem, wenn ich nicht auch noch den anderen ihre Unzulänglichkeiten nachtrage.
Andrea meint
Ich sage einfach DANKE für den Text.
Liebe Grüße
Andrea