Vor einigen Wochen war ein befreundetes Paar für ein paar Tage zu Besuch bei uns. Wir hatten eine total schöne Zeit zusammen und haben das eine oder andere zusammen unternommen. Besonders gefallen hat mir unser Strandspaziergang entlang der Ostseeküste:
Nachdem wir uns vom Parkplatz aus zum Strand durchgeschlagen hatten, sind wir am Wasser entlang gewandert. Die Kinder waren damit beschäftigt, Steine zu sammeln, hüpfen zu lassen oder über den Spaziergang zu schimpfen. Dennis gab zusammen mit unseren Freunden das Tempo an, Jonathan und Annie waren mal hier, mal da unterwegs und Janina und ich waren meistens ziemlich weit im Rückstand, hatten dafür aber mit Abstand die meisten Steine in unserer Sammlung!
Weil das Aprilwetter seinem Namen alle Ehre machte, war am Himmel ein ständiger Wechsel von Sonne und Wolken, Licht und Schatten zu beobachten und das Meer zeigte alle möglichen Farbschattierungen zwischen Blau, Grün und Türkis (Bilder, wo sind die Bilder, werdet Ihr denken- nur in meinem Kopf, leider, weil ich wie so oft die Kamera vergessen hatte…).
Nach einer Weile hatten die Wolken sich dann so verdichtet, dass es anfing zu regnen.
Dennis war –wie meistens- gut ausgestattet und spannte einen großen Regenschirm auf. Zu siebt standen wir dicht gedrängt unter dem Schirm, die Kleinsten in der Mitte, und versuchten, uns gegenseitig zu schützen und zu wärmen. Wir wussten, dass der Regenschauer vorüberziehen würde. Trotzdem dauerte es ein bisschen.
Dieser Moment, in dem wir alle ungeduldig auf die Sonne warteten, hat sich mir eingeprägt. Auch hier würde ich mir wieder wünschen, ich hätte einen Fotoapparat dabei gehabt und könnte Euch die Momentaufnahme zeigen. Aber in meinem Kopf und in meinem Herzen ist sie noch da: Wir stehen im Regen, ganz dicht aneinandergedrängt. Wir sind ein gutes Stück unserer Strandwanderung schon gegangen, vor uns der Blick aufs Meer. Wir warten gemeinsam auf besseres Wetter. Auf die richtige Zeit, um wieder weiterzugehen und den Rest des Weges zu erleben.
Für mich ist diese Szene ein Bild für Familie und Freundschaft geworden (und ich bin froh, dass wir den Moment mit richtig guten Freunden geteilt haben!): In schlechten Zeiten zusammenstehen. In guten Zeiten zusammen unterwegs sein.
Beides teilen:
Die Zeiten, in denen wir gut drauf sind, Grund zum Feiern haben und vorwärts kommen.
Und die Zeiten, in denen der Wind uns ins Gesicht bläst und wir einfach jemanden brauchen, der mit uns aushält, bis der Sturm sich wieder legt.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich vor ungefähr einem Jahr auf eine Diagnose warten musste. Im Raum stand die Möglichkeit, dass ich einen Tumor haben könnte, von dem ich nicht wusste, wie schlimm er sein würde. Für einige Tage hatte ich nichts als diesen Verdacht und die Nachricht, dass ich zu einem Termin im Krebszentrum des Krankenhauses kommen sollte… Nicht gut!!! Ich weiss noch genau, wie sich diese bedrohliche Ungewissheit angefühlt hat. Ich weiss aber auch noch ganz genau, wie es sich angefühlt hat, als der Reihe nach einige gute Freunde angerufen, sich nach mir erkundigt, mich getröstet und für mich gebetet haben. Sie haben mir einen Schirm aufgespannt und sich mit mir zusammen in den Regen gestellt. Die Entwarnung für mich kam ein paar Tage später. Aber bis dahin tat es unendlich gut, nicht alleine im Regen zu stehen…
Und dann die Sonnenzeiten: Dieses Jahr scheint das Jahr der Feste zu werden. Viele unserer Freunde und Verwandten feiern runde und unrunde Geburtstage, Hochzeiten oder Hochzeitsjubiläen. Und wir sind eingeladen! Neulich hatten wir ein Wochenende mit insgesamt drei Feiern. Die Kinder waren anschließend total erledigt und ausgepowert (und ich, ehrlich gesagt, auch J). „Feschtmüde“, nennen wir das, ein Wort, das eine frühere Freundin von mir geprägt und immer mit einem schönen, schwäbischen „sch“ ausgesprochen hat. Also, wenn schon müde,dann „feschtmüde“, würde ich sagen…
Unsere kleine Wanderung hat übrigens noch ein sehr schönes Ende gefunden: Der Regen hat sich verzogen. Wir konnten weitergehen und über eine Treppe das Steilufer erreichen. Von dort oben hatten wir eine noch schönere Sicht auf das Meer und auf das ständig wechselnde Licht. Und am Ende des Weges gab es dann Sonne satt, türkisfarbenes Wasser, Spielvergnüngen für die Kinder und eine Stärkung für alle. Wie gut, dass wir zusammen bis zum Ende durchgehalten haben!
Ich wünsche mir, dass ich den Wert von Freundschaft wieder bewusst schätzen lerne. Gerne möchte ich eine Freundin sein, die im richtigen Moment mit dem Regenschirm zur Seite steht, wenn ein liebgewonnener Mensch Trost oder Beistand braucht.
Und beim Feiern mitzumachen wäre natürlich auch nicht schlecht…:-).
Das alles kann ich nur in gewissen Grenzen leben. Meine Zeit ist leider nicht unerschöpflich. Und meine Kraft auch nicht. Aber oft habe ich erlebt, dass Freundschaft mir auch neue Kraft schenkt und mich belebt. Deshalb will ich wieder stärker darauf achten, wie ich Beziehungen pflegen und wertschätzen kann, auch und gerade mitten im Familienalltag. Mein Bild vom Regenschirm am Strand wird mich hoffentlich ab und zu daran erinnern!
Antschana meint
Ich finde man stellt oft zu hohe Ansprüche an sich selbst. Als wäre man nur eine gute Freundin, wenn man es schafft, dass der Regen aufhört und man selbst die Sonne wieder hervorlockt! Als wenn man das könnte…
Dabei ist es so oft einfach nur das ‚zusammen unter dem Regenschirm stehen bis die Sonne wieder hervorkommt‘! Genau das durfte ich selber grade mit Freunden erfahren und bin so dankbar dafür! Und ich wünsche mir, dass es mir selber auch immer öfter gelingt – nicht für alles die Lösung zu haben oder etwas wiedergutmachen zu können. Sondern im Zweifel einfach ’nur‘ da zu sein und mit im Regen zu stehen und es auszuhalten vll auch nass zu werden!!
Danke, Barbara!!