Kinder sind bewundernswert. Sie verfügen über Stärken, die leider oft in späteren
Zeiten verlorengehen. Eine dieser Stärken ist das mutige Ausprobieren. Kinder versuchen sich im Laufen und perfektionieren es immer mehr. Sie plappern beim Sprechenlernen munter drauf los, egal wie viele Jahre sie für die Grammatik oder die exakte Aussprache brauchen. Und sie setzen sich auf ein Fahrrad und üben so lange, bis sie wie die Rennfahrer halsbrecherisch um die Kurven sausen.
Eins unserer jüngsten Enkelkinder versucht sich gerade ausgiebig im Malen. Dabei entstand ein herrliches Bild, ganz in Rot gehalten. Zur Erklärung lieferte das kleine Schätzchen einen Titel dazu: „Das ist ein toter Räuber mit Matschhose!“
Unter Garantie war das nicht das letzte Gemälde, das es ablieferte, denn alle reagierten begeistert auf das Kunstwerk. In einem Wettbewerb allerdings bekäme es bestimmt nicht den ersten Platz! Auch wird es wohl nie ausgestellt, es sei denn, dieses Kind wird einmal ein berühmter Maler … Dann vielleicht schafft es dieses Gemälde als Erstlingswerk in eine Vernissage.
Wo ist bei uns dieses Ausprobieren geblieben?
Wann haben wir unsere Experimentierfreude verloren? Wie viele Begabungen liegen bei uns brach, weil wir es nicht wagen, unvollkommene Dinge abzuliefern?
Wahrscheinlich liegt es an unseren Erfahrungen. Irgendjemand hat uns vielleicht entmutigt. Oder wir haben uns von vornherein mit den Großen verglichen, so wie unser Jüngster. Er wollte nicht eingeschult werden. Nach dem Grund gefragt, antwortete er: „Ich kann doch gar nicht lesen!“ Er hatte sein Können an dem der älteren Geschwister gemessen.
Hand aufs Herz:
Was wolltest du schon immer einmal machen?
– Ein Café eröffnen, in dem andere Mamas von Herzen miteinander plaudern können,
ihren Latte Macchiato trinken und für eine Stunde Erholung finden? Möglicherweise
hast du noch nicht die Zeit und Muße für so eine große Aufgabe. Aber vielleicht
kannst du es in der Zwischenzeit mal testen, indem du Kaffee und Kuchen für Muttis
bereithältst, die ihre Kids bei dir zum Spielen abliefern.
– Ein Buch schreiben? Warum nicht schon eine Geschichte träumen und geeignete
Autorensoftware anschaffen? Warum nicht einfach deine Idee probehalber zu Papier
bringen und mit roten Ohren einer Freundin zum Lesen geben?
– Eine fetzige Kinderstunde für Grundschüler ins Leben rufen? Im Moment reichen
deine Nerven eventuell noch nicht einmal bei deinen eigenen Kids. Aber wenn diese
ihre Spielkameraden eingeladen haben und etwas Langeweile entsteht, kannst du ein
Wettspiel mit allen zusammen durchführen und dadurch schon für spätere Zeiten
üben.

Natürlich werden unsere Versuche alles andere als perfekt sein. Ein „toter Räuber mit Matschhose“ reizt eventuell die Lachmuskeln der Freunde. Na und? Aber vielleicht gibt uns jemand ein brauchbares Feedback, wie wir weitermachen können. Und aufgeben müssen wir nach einem auseinandergefallenen Kuchen bestimmt nicht, da die Krümel trotzdem hervorragend geschmeckt haben! Und wenn das Spiel mit den Kindern im Chaos geendet hat? Dann freuen sich die Kids sicher dennoch über jede Aufmerksamkeit, die sie genossen haben.
Selbst wenn sich herausstellt,dass meine Wunschtraum nicht meinen Talenten entspricht: So renne ich wenigstens nicht mein Leben lang einem Trugbild hinterher, sondern kann meiner wirklichen Kreativität näher kommen.
Noch ein Gedanke zum Schluss:
Wie haben wir Großeltern uns über den toten Räuber mit seiner Matschhose gefreut! Die Fantasie, die Probierfreude und die neuen Fertigkeiten unseres Enkelkindes begeistern uns.
Ist es nicht genauso bei Gott? Ich glaube, er freut sich ebenfalls, wenn wir als seine Kinder unsere Gaben ausprobieren, anwenden und immer mehr ausbauen. Wir werden wahrscheinlich nicht zu einem weiblichen Tim Mälzer noch zu einer Enid Blyton oder zu einem Thomas Gottschalk für Kinder.
Danke! Trifft bei mir gerade mitten ins zweifelnde Herz. Sehr ermutigend
So eine tolle Ermutigung, Eleonore!! ‚Wenn du was machst, mach es gscheit‘ hab ich oft gehört und es hat mich schon oft dazu gebracht, im Zweifel lieber nichts zu machen als einfach mal was auszuprobieren… so schade… 🙁 DANKE für deine ermutigenden Worte!!
In letzter Zeit ist mir so bewusst geworden, wie wichtig wohlwollende Unterstützer auf dem Weg des Werdens sind. Menschen, die das Ziel visionär mit-sehen können, denen man jede noch so dumm erscheinende Idee sagen kann, die bereit sind, die holprigen und unvollkommenen Anfänge auszuhalten und den „Optimierungs-Prozess“ zu begleiten. Manche meiner Ideen sind nichts geworden, weil mir solche Menschen seinerzeit nicht zur Seite standen. Andere Ideen nehmen Gestalt an, weil ich solche Menschen an meiner Seite habe.
Interessant, das Thema hat mich gestern auch beschäftigt. Ich hatte dafür das Bild von ‚geistlichen Hebammen/ Geburtshelfern‘. Um ein Kind/ eine Idee zu ‚gebären‘ braucht es Unterstützung. Während der ‚Schwangerschaft‘ und auch zur ‚Geburt‘. Wäre ein gutes Thema für unser nächstes Kaffeetrinken… 🙂
Kaffeetrinken klingt gut 😉