Hinter mir liegen ereignisreiche Wochen:
Nach viereinhalb Jahren, die wir im Osten von Kanada, in Ontario, gelebt haben, sind wir vergangene Woche von dort aufgebrochen. Unser Hab und Gut wurde- abgesehen von sechs Koffern und vier Rucksaecken- in einen grossen Container gepackt und befindet sich gerade auf dem Seeweg von Nordamerika nach Europa.
Meine Familie und ich sind auch unterwegs. Zum Ende unseres Auslandsaufenthaltes haben wir uns einen Traum erfuellt und reisen mit dem Wohnmobil durch den Westen Kanadas. Im Moment befinde ich mich gerade auf einem Campingplatz in den Rocky Mountains. Es ist Abend, die Kinder schlafen endlich, draussen vor dem Wohnwagen brennt das Lagerfeuer langsam herunter. Ich freue mich ueber das herrliche Wetter, das wir heute hatten, ueber die atemberaubende Landschaft, die uns umgibt und darueber, dass ich noch keinem Baeren begegnet bin.
Meine Seele scheint aber noch nicht so recht in Urlaubsstimmung zu sein. Sie hinkt hinterher und ist noch nicht einmal dazu gekommen, den Abschied von unserer Heimat auf Zeit zu verarbeiten. Unsere Freunde und unsere Gemeinde in Kingston haben uns einen wunder, wunderschoenen Abschied bereitet, uns viele liebe Worte und nette Andenken an die gemeinsame Zeit mitgebeben. Traenen, Umarmungen, Abschiedsparties und mit den engen Freunden dann doch immer noch ein vorletztes, letztes und jetzt-aber-wirklich-letztes-Treffen… Dazwischenwei Sortieren, Ausmisten, Einpacken, Urlaub-Vorbereiten, Abschieds-Geschenke besorgen und einen Rest von Alltag bewahren.
Und jetzt issses rum. Einfach so. Und wir werden auf unbestimmte Zeit nicht mehr in unser altes Leben zu Besuch kommen koennen. 7000 Kilometer macht man nicht einfach so mal eben… Ich schreibe das nicht fuer Euch auf, damit Ihr lesen koennt, wie gut ich jammern kann (obwohl ich das ab und zu schon ganz gut hinbekommeJ).
Ich schreibe diese Zeilen vielleicht hauptsaechlich deshalb, damit ich selbst wieder ein bisschen Ordnung in mein Innenleben bekomme. Fuer meinen ersten Gastbeitrag hier haette ich mir lieber etwas Ermutigenderes, Erfrischendes ausgesucht. Aber eins will ich ueberhaupt nicht, naemlich Euch irgendetwas vormachen. Deshalb lest Ihr jetzt auch, dass ich die letzten Tage nicht die ideale Urlaubsgesellschaft abgegeben habe: meine Kinder hatten es mit einer leicht reizbaren, ungeduldigen und schimpfenden Frau zu tun, die mir erschreckend aehnlich sieht… Und mein Mann musste sich mit kurzangebunden Antworten und einer Frau arrangieren, die nicht bereit war, vor 8:00 morgens auf irgendwelche Umwelteinfluesse zu reagieren (es sei denn, in Form von Kaffee).
Inzwischen habe ich immerhin erkannt, dass meine Seele sich erst wieder „zurecht ruckeln“ muss. Der Abschied von unserem letzten Zuhause braucht Zeit und wird sich vielleicht sogar ueber Wochen und Monate hinziehen. Der Neuanfang, der auf uns wartet, braucht Kraft, und wird sich auch ueber Wochen und Monate hinziehen. Mein Innenleben wird wahrscheinlich noch oefters rumzicken. Auch meinen Kindern steht es zu, dass sie die ganzen Veraenderungen nicht einfach schlucken, sondern schlechte Laune und Stimmungs-Schwankungen haben duerfen. Meinen Mann sehe ich in der Rolle des ruhenden Pols und des Stimmungsaufhellers (keine Ahnung, ob er davon schon weissJ).
Aber mehr als alles andere werde ich Jesus brauchen. Ich merke, dass ich noch viel, viel Spielraum nach oben habe, wenn es um mein Gottvertrauen geht. In stressigen Zeiten versuchen sich viele „Abers“ zwischen mich und ihn zu schieben. Gleichzeitig weiss ich, dass Er die einzige Anlaufstelle ist, bei der ich wirklichen Frieden, echten Trost und tiefe Ruhe finde. Und ich freue mich unglaublich, von anderen Frauen und Maennern zu lesen, die genau das erleben und bezeugen: Auf Gott ist Verlass. Wenn wir ihn suchen, wird er sich von uns finden lassen.
Heute bin ich ihm sogar schon begegnet: Die Natur um uns herum laesst mich staunen und anbeten. Und dann schafft er es immer wieder, mein Herz durch kleine, scheinbar zufaellige Begegenheiten zu erreichen: die Frau, die meinen Kindern Kuchen schenkt, die nette Begegnung mit der deutschen Familie, deren Tochter hier ihren Highschool-Abschluss gemacht hat, die kleine Herde „Big Horn Sheep“, an der wir vorbeikommen – lauter kleine Zeichen von Gottes Guete.
Die will ich mir jetzt ganz genau vor Augen halten. Und meiner Seele sagen, dass sich schon alles zurecht ruckeln wird.
Andrea meint
Hallo,
ich habe gerade deinen Beitrag gelesen und ich muss dir sagen, dass ich es gut finde, dass du so offen bist. Ich versuche selbst genauso zu sein. Es ist nicht alles immer rosa und über das Schreiben verarbeite ich sehr gut. Ich möchte, wenn ich schreibe, dabei authentisch sein und ich freue mich immer, wenn mir Personen begegnen, die das genauso sehen. Wenn man sich im Internet bewegt, dann fällt einem schnell auf, dass das nicht bei allen so ist.
Gottvertrauen, ja dann übe ich auf jeden Tag. Es ist gar nicht so leicht, ihm vollkommen zu vertrauen und alles in seine Hände zu legen. Gut, das wir jeden Tag neu anfangen dürfen.
Liebe Grüße und alles Gute für dich und deine Seele
Andrea
Barbara Hering meint
Hallo Andrea, vielen Dank fuer Deine Rueckmeldung! Mich spricht es auch am meisten an, wenn ich das Gefuehl habe, dass Leute authentisch sind und mich ein bisschen an ihrem Leben teilhaben lassen. Alles Liebe und Gute auch für Dich! Barbara