Ich freue mich täglich über meine Kinder. Geständnis: Ich ärger mich auch täglich über meine Kinder.
Und meistens tut mir das dann wieder richtig leid. Kennt ihr diese nervigen, unfreundlichen Sätze „O man jetzt pass doch auf“, „Wieso musstest du das denn jetzt machen?“ „Ich habs dir jetzt schon drei Mal gesagt, …“
Ich bin zuweilen recht ungeduldig und denke es könnte so viel einfacher sein, wenn sie einfach immer sofort umsetzten was ich sage. Ja, ich weiß schon, die Worte “ einfach – immer – sofort“ haben im Kinderlexikon eine andere Bedeutung.
Aber ich verlange wirklich nichts übernatürliches. Nur Pipimachen, Jacke und Schuhe anziehen. Das kann doch nicht so schwer sein.
Oder das Glas nach dem Trinken nicht auf der Tischkante abzustellen, nicht so nah an der Straße laufen, mit Stiften bitte nur auf Papier zu malen, und nach dem Essen zu warten, bis wenigsten alle Kinder fertig sind. So schwer?
Außer natürlich wenn ich zum Zimmer aufräumen trommel, da hab ich das Gefühl etwas übernatürliches zu verlangen. Denn unmittelbar nach meinem Aufruf, brechen alle Verantwortlichen kraftlos auf dem Boden zusammen. Mit abgeschlagener und gequälter Stimme geben sie mir noch zu verstehen, dass sie wirklich keine Kraft und (ehrlicher Weise) keine Lust zum Aufräumen haben. Meistens lass ich mich daneben fallen, bis abends Papa nach Hause kommt.
Doch um nun den Finger von den vermeintlichen Vergehen der Kinder auf andere Familienmitglieder zu lenken, erzähle ich noch eine andere Geschichte:
Viel zu lange lag das Regal herum, und ich fragte mich, warum mein Mann es nicht einfach sofort befestigen konnte (Kann vielleicht jemand ein Männerlexikon empfehlen?).
Alles muss man selber machen. So bewaffnete ich mich mit Bohrer, Dübel, Schraube und Staubsauger und befestigte mit Unterstützung meiner Mädchen das Regal im Kinderzimmer.
Ich bin in vielen Dingen, die ich tue sehr effektiv, weil ich schnell und nicht allzu gründlich bin. Mein Mann bemängelt das hin und wieder im Haushalt. Aber ich bin halt Hessin und keine Schwäbin und außerdem würde bei zu viel Gründlichkeit keine Zeit mehr für meine außerhaushaltlichen Talente bleiben.
Zurück zum Regal. Mein Mann würde wahrscheinlich sagen, ich wäre zu hastig vorgegangen und damit hätte er recht gehabt. Ich bin mit dem Bohrer auf dem Regal verrutscht und habe die schöne weise Lasur verletzt. Ein dicker Kratzer. „Sch… ich bin so blöd.“ Meine Mädchen starren auf die Schändigung. Stille. Rastet die Mama jetzt aus? Da ergreift meine Tochter das Wort:
„Mama, das warst du jetzt. Das ist wirklich doof. Aber ich hab dich trotzdem lieb.“
Der Ärger über mich selbst ist wie weggeblasen. Ich muss lachen und umarme mein kleines Vorbild in Sachen Barmherzigkeit.
Sie hat so recht. Wir dürfen Dinge benennen, die uns ärgern. Aber die Liebe darf nie fehlen. Ich wünsche mir, dass die Liebe, auch in Stresssituationen, meinen Blick auf die Kinder noch heller und gnädiger werden lässt. Ich bin ja echt froh, dass keins der Mädchen einen der lästigen Sätze gebracht hat wie: „O man jetzt pass doch auf“ oder „Wieso musstest du das denn jetzt machen?“
„… ich hab dich trotzdem lieb.“
Für mich ein himmlischer Ausspruch. Denn diese Liebe, die wirklich alle Vergehen zudecken kann und mich bedingungslos voller Freude umarmt, heißt Jesus.
„So barmherzig wendet sich Gott uns zu, ja wie ein Sonnenaufgang,
der die Dunkelheit vertreibt.
Alle, die unter dem Todesschatten leben, können aufatmen.
Er wird uns auf den Weg des Friedens führen.“
Lukas 1, 78f
Anett meint
Hach, ist das süß!! Und so großartig, dass Du den Blick dafür hast. Mir ist mal was ähnliches passiert und auch da hab ich erlebt, dass meine Töchter so viel gnädiger mit mir sind. Ich versuche mich auch daran – beten wir, dass Gott uns immer wieder die Augen und das Herz öffnet.
Miri Müller meint
Hahaha genau so geht es mir auch oft ;-))), sehr schön geschrieben und ich nehme mir (erstmal für heute…) vor, barmherziger mit meinen Kindern zu sein… LG, Miri
luisaseider meint
Sehr schön geschrieben