Ich stand an diesem kalten Januartag am Türrahmen zum kleinen Seminarraum und verabschiedete die Prüfungskommission. Noch immer zitterten meine Hände leicht und ich lächelte nervös. Jeder Einzelne der sechs Professoren gratulierte mir zur erfolgreich bestandenen Verteidigung meiner Doktorarbeit und verabschiedete sich mit ein paar netten Worten. Ein emeritierter Professor warnte mich freundlich davor, nun nach der Promotion nicht in ein dunkles Loch zu fallen. Vielen Doktoranden sei es schon so ergangen, nachdem die große Arbeit getan war. „Keine Sorge“, erwiderte ich. „Das kann mir nicht passieren. Ich habe zwei Kinder, die mich auf Trab halten. Und das kleine Baby im Bauch wird es sicher auch bald tun“.
Ich wurde immer mal wieder gefragt, wie ich Kinder und Karriere unter einen Hut bekomme.
Und immer wieder lautet meine Antwort: Gnade.
Denn es ist Gott, der mir diese Segnungen schenkt und allein ihm habe ich Familie und Studium zu verdanken. Deshalb habe ich auch bei der Promotionsfeier vor allen Professoren, Doktoranden und Familien nicht nur meinen Lieben für die Unterstützung gedankt, sondern auch Jesus.
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Gott mit jedem Einzelnen von uns seinen besonderen Plan hat.
In der Praxis sieht es dann so aus, dass er entweder Türen öffnet oder diese schließt.
In meinem Fall hat er die Promotionstür geöffnet, ohne dass ich die Türklinke in die Hand genommen habe. Wenn der Professor nach dem Master vorschlägt die Arbeit zu erweitern und darin zu promovieren, ist das eine offene Tür. Nein, sogar eine sperrangelweit geöffnete Tür. Ich meine, bei meinen Voraussetzungen. Mein Abidurchschitt lag bei 3,0, meine Zwischenprüfung in Anglistik habe ich beim ersten Durchlauf nicht bestanden und als Russlanddeutsche kenne ich zwei Sprachen, doch keine davon perfekt. Häufig bewunderte ich meine Kommilitonen um ihre rhetorischen Fertigkeiten und ihren akademischen Backgrounds. Die universitären Abschlüsse lagen denen quasi in den Genen, während ich mich in der Uni gefühlt hatte, als wäre ich im Ausland. Ich fand es interessant dort aber ich habe mich unheimlich fremd gefühlt.
Jeder von uns hat also seinen persönlichen Weg, den er geht. Jede Familie ist individuell und hat ihre speziellen Umstände. Manchmal kommt man an Kreuzungen, an denen man nicht weiterweiß. Neue Entscheidungen müssen getroffen werden, neue Schritte gegangen werden.
Soll der Beruf gewechselt werden? Ist es Zeit für ein Baby? Oder soll erst noch die Fortbildung gemacht werden? Fragen über Fragen. Was ist dabei Gottes Wille?
Ich möchte in diesem Blogpost meine drei Prinzipien mit euch teilen, die mir unendlich viel Frieden geben, wenn ich mich auf einer Kreuzung meines Lebenswegs befinde.
Sie basieren auf den Psalm 25, der so viele gute Praxistipps für unseren Alltag hat.
Lass den Druck raus!
„Herr zeige die Wege, die ich gehen soll und weise mir die Pfade, die ich gehen soll. Führe mich und lehre mich nach deiner Wahrheit zu leben, denn du bist der Gott, der mich rettet. Auf dich hoffe ich zu jeder Zeit.“ Psalm 25, 4-5
Ich bin überzeugt davon, dass Gott für mich mehrere Wege vorbereitet hat. Es gibt nicht nur diesen einen Beruf für mich, den ich ausüben soll. Ich kann aber ich muss nicht, denn Gott hat mir unterschiedliche Interessen und Begabungen geschenkt und ich darf mich entfalten. Es gibt nicht nur diesen einen Wohnort für mich, an dem ich leben soll. Ich kann aber ich muss nicht. Vor der Hochzeit hätte ich auch theoretisch einen anderen Jesus begeisterten Mann heiraten können. Gott sei Dank, habe ich Daniel kennen gelernt. Und weil er der Einzige war, bei dessen Liebe ich keine Furcht spürte (1. Johannes 4,18), sagte ich Ja! Nun befinde ich mich auf diesem Eheweg mit Daniel und wir beten, dass Gott uns gemeinsam alt werden lässt.
Lass dich leiten!
„Wie steht es mit dem Menschen, der den Herrn ernst nimmt? Der Herr wird ihm den Weg zeigen, den er gehen soll“. V. 10
Weil ich mit Jesus unterwegs bin, zeigt er mir seine Wege. Dies ist dann kein Versteckspiel, sondern eine deutliche Erfahrung. Als beispielsweise Daniel und ich in Afrika für mehrere Monate ein Urlaubssemester gemacht haben, verspürten wir einen klaren Kinderwunsch. Wir waren erst 1 ½ Jahre verheiratet und mitten im Studium. Aber die beruflichen Umstände empfanden wir nicht als Hindernis. Ganz im Gegenteil, Gott schenkte uns so viel Frieden und Vertrauen und ich flog schwanger zurück nach Deutschland. Immer wenn der Kinderwunsch bei uns aufkam, baten wir Gott für ein Wunder. Wir rechneten nicht nach, was es für uns finanziell hieß und wir machten uns auch kein Stress, ob unsere Karriere es zuließ. Denn eins war klar: Kein beruflicher Werdegang dieser Welt, wäre uns wichtiger als unsere Kinder.
Nach dem Abitur wusste ich gar nicht, ob ich eine Ausbildung machen sollte oder vielleicht doch studieren gehen wollte. Also hinterfragte ich meine Interessen und Fähigkeiten und schon bewarb ich mich an der Uni. Ich studierte Linguistik, Anglistik und Judaistik allein aus dem Grund, weil sie mich einfach interessierten. Ständig musste ich Freunden erklären, was man überhaupt mit diesen Fächern eines Tages machen kann. Und ehrlich gesagt, wusste ich es selber auch nicht so recht. Aber hey, sie interessierten mich einfach. Dass ich für diese Fächer ein Studienplatz erhielt, war für mich eine offene Tür von Gott. Also ging ich hindurch und studierte. Nicht immer mit Erfolg. Aber das war auch nie meine Devise. Schritt für Schritt wollte ich gehen. Und immer mit Gott im Blick.
Lass der Angst keine Chance!
„Ich vertraue auf dich“. V. 20
Wenn ich dann einen Weg einschlage, schaue ich nicht zurück. Es gibt dann kein „Ach-hätte-ich-die-Kinder-später-bekommen“ oder „Ach-hätte-ich-doch-jemand-anderes-geheiratet“. Nein, „Ich richte meine Augen stets auf den Herrn“ (V. 15) und ich vertraue ihm (V29). Weil ich wusste, dass Gott mir die Promotion ermöglicht hat, war ich mir seiner Hilfe sicher. Er hätte mich natürlich auch durchfallen lassen können und mir damit gleichzeitig einen anderen Weg eröffnet. Er ist souverän. Er darf das. Weil Gott mir Kinder anvertraut hat, weiß ich, dass ich den Mamaweg nicht alleine gehe. Was auch immer er in meinem Leben vorhat, ich bin nicht allein. Und diese Tatsache macht mir so viel Mut.
Wisst ihr, ich bin von Natur aus ein sehr ängstlicher Mensch. Aber wenn Gott mir eine Tür öffnet, nutze ich sie. Auch wenn ich dabei kreidebleich werde und meine Hände schwitzen. Als ich letzten Frühjahr überraschenderweise die Einladung zum Kanzleramt erhalten hatte, war ich nicht nur nervös. Ich hatte Angst. Sollte ich mich wirklich zu Beginn des 9. Schwangerschaftsmonats in den Flieger setzen? Wäre das nicht zu viel Stress für unser Ungeborenes? Aber ich flog nach Berlin und konnte mit unserer Kanzlerin an einem Tisch sitzen- Was für eine tolle Erfahrung.
Als wir die Möglichkeit bekamen unsere Elternzeit im Ausland zu verbringen, wurde ich ganz nervös. Mit einem Neugeborenen in die Wüste Israels? Nach Amerika mit drei kleinen Kindern? Und das obwohl das Gesundheitswesen dort so kompliziert sein soll? Und was ist mit den vielen Flügen? Werden wir vielleicht alle abstürzen? Fragen über Fragen. Sorgen über Sorgen.
Doch so stark sie auch waren und immer noch sind: Meine Hoffnung setze ich auf den Herrn (V. 21), den Schöpfer des Universums, mein Vater im Himmel, mein Gott, der mich rettet (V. 5). Auf ihn hoffe ich zu jeder Zeit (V. 5). Diese Kraft ist mächtiger, stärker und so viel wirklicher. Und deshalb gehe ich neue Wege, denn mir ist die Gegenwart Gottes gewiss in jeder Situation meines Lebens. Und wisst ihr was? Dieses Vertrauen in Gottes Hilfe ist so unglaublich bereichernd und befreiend. Es nimmt den Druck raus und macht den eigenen Lebensweg richtig spannend und gleichzeitig sehr besonders.
Nun bin ich eine Dr. Mama. Im Moment bin ich ausschließlich für meine Familie da und kümmere mich um ihre Bedürfnisse. Ich genieße diese intensive Familienzeit sehr und kann so viel von meinen Kindern lernen.
Wenn ich aber den Eindruck habe, dass Gott mir eine weitere Tür öffnet, will ich darüber beten und Schritte wagen.
Im Vertrauen darauf, dass er mich führt und wunderbar leitet, freue ich mich dann auf weitere Abenteuer.
Dieser Beitrag erschien so auf Segenregen am 18. Januar 2018.
Vielen DAnk, liebe Lena, dass wir ihn auch hier veröffentlichen dürfen.
Diese Gedanken und Worte sind so wertvoll und haben mich sehr berührt!
Inga meint
Wow was für ein tolles Zeugnis, danke Dir sehr für diese ermutigenden Zeilen
Tina meint
Wunderbares Zeugnis!
Esther meint
Hallo Lena,
ein sehr schöner Beitrag… bislang habe ich leider noch nicht die Möglichkeit gehabt eine Ausbildung absolvieren zu können und hätte jetzt eigentlich die Möglichkeit gehabt, in eine halbjährige Schulung zu gehen, habe dann aber erfahren, dass ich schwanger bin, wir bekommen unseren zweiten Sohn sind auch sehr glücklich darüber und Gott dankbar :-)…. Trotzdessen kamen mir auch leider immer wieder Gedanken auf, wie und wann es denn mal mit einer erfolgreichen Ausbildung bei mir gelingen wird. Seitdem ich die Schule verlassen habe (Seit fast 8 Jahren) bete ich nun dafür und bitte den Herrn um seine Weisung.Immer wieder zeigt er mir in welchem Bereich er mich sieht, dass gibt mir auch die Hoffnung darauf das der Herr mein Anliegen nicht vergessen hat und mir schon einen Weg am ebnen ist.
Geduld und Vertrauen, dass höre ich immer wieder heraus.:-)