Als ich neulich Pinsel & Co. hervorholte und alles vorbereitete, um den Türrahmen in der Küche zu streichen, wurde mein Mann ganz nervös. Ich sah ihm den Zweifel an: Oh oh, kriegt sie das auch hin? Und ich verstand sofort seinen Zweifel.
Schließlich handle ich häufig aus einem „passt schon – einfach machen“ heraus. Wird schon irgendwie werden. Schlimmer als vorher kann es nicht sein.
Kleinglaube. Leichtsinn. Übermut. Ungenau. Unperfekt. Das bin ich.
Cut. Blick Richtung Himmel, zu unserem Abba:
Wenn es um unsere Seelen, unsere Herzen, unsere Schmerzen geht,
dann handelt Gott in Perfektion.
Er pfuscht da nicht einfach mal eben rüber: Neue Schicht Farbe und gut. Wird schon werden. Sie wird schon klar kommen.
Nein. Bei Ihm ist Perfektion angesagt.
Er kennt unsere tiefsten Schmerzen. Unsere Vergangenheit. Unser Warum.
Warum reagiere ich wie ich reagiere?
Was prägt mich?
Was hat mich verletzt?
Was verstecke ich?
Er sieht uns schon in Perfektion.
Sieht, wie wir heil werden. Sieht, wie wir Altes ablegen und Neu werden: Die verletzenden Worte aus der Schulzeit. Die unsittlichen Berührungen. Ängste. Unsicherheiten. Wunden.
Ich habe in meinem Herzen, in meiner Seele, ganze 23 Jahre lang einen Schmerz vergraben. Ganz tief, weg geschoben, zugeschüttet, ignoriert. Einfach irgendwie gelebt.
Und mit der Geburt meiner ersten Tochter kam Es langsam an die Oberfläche. Wollte angeschaut werden. Wollte geheilt werden. Aber ich musste Ja sagen. Es zulassen. Mich anschauen. Vergeben. Verantwortung übernehmen.
Der Auslöser? Ganz banal.
Mein Mann tat, was man mit Babys so tut. Weil sie so herrlich lachen und quietschen:
Beim Wickeln machte er so einen Bauch-Pupser: mit dem Mund direkt auf den nackten Bauch pusten, klingt lustig, kitzelt, Baby quietscht vor vergnügen. Keine große Sache. Eigentlich.
Und ich?
Ich stand in der Tür, sah es, und bekam kaum Luft. Mir wurde schwindelig. Musste mich am Türrahmen festhalten. Bruchstücke von Erinnerungen in meinem Kopf.
Missbrauch. In der Kindheit. Weglaufen. Du darfst es niemanden erzählen.
Da es ja aber mein Mann, mein bester Freund ist, musste ich mit ihm sprechen.
„Schatz, ich habe Panik bekommen. Es hat mir die Luft abgeschnürt“.
Er kannte als bisher einziger meine Vergangenheit und ich versicherte ihm, dass ich wisse, dass er sowas nie tun würde. Und doch war da diese unkontrollierbare Angst.
Wie willst du eine Tochter gesund erziehen, wenn in dir eine unverarbeitete Missbrauchsgeschichte schlummert, die dein Leben maßgeblich beeinflusst hat? All dein Handeln, all dein Denken.
Es war klar, ich muss da ran.
Gott stellte mir eine tolle, einfühlsame, liebenswerte und wahrheitsprechende Seelsorgerin an die Seite, mit der ich alles bearbeiten konnte.
Alles anschauen. Vergeben. Verantwortung für das eigene Tun übernehmen.
Angeeignete Verhaltensmuster ändern.
Verstehe mich nicht falsch. Ein Kind kann nichts dafür, dass es missbraucht wird.
Aber: ich hatte mir als Folge des Missbrauchs Verhaltensmuster zugelegt, ganz unbewusst Schutzmauern gezogen, die nicht gut waren.
Ich musste nicht nur vergeben, sondern auch verändern.
Nein, halt. Ich musste nicht. Ich wollte. Denn ich wollte leben!
Sagt die Bibel uns nicht, dass das Alte vergangen ist, Neues ist geworden? Ich wollte das!
Und ja, ich glaubte! Glaubte, dass ich es mit Seiner Hilfe abschütteln konnte!
Warum reagiere ich in bestimmten Situationen genervt und weise jeden von mir?
Warum habe ich als Teenie und junge Erwachsene so verzweifelt nach Liebe gesucht und dabei meinen Körper verschenkt?
Warum fallen mir Freundschaften schwer? Warum laufe ich weg?
Wovor verstecke ich mich? Welche Masken trage ich?
Glaub mir, es tut weh, die eigenen, verborgenen Punkte anzuschauen, alles offenzulegen. Aber es war es wert!
Denn Gott heilt. Und zwar auch heute noch.
Ja, er könnte 1x mit dem Finger schnippen, und alles wäre anders.
Aber meistens ist der Weg anders: Er mutet uns zu, dass wir die wunden Punkte anschauen, die Mauern überwinden.
Wenn wir den Mut haben, vor Gott zu kapitulieren, alle Masken fallen zu lassen: dann kann er wirken.
Und Er tut es in Perfektion.
Was ist heute anders?
Ich kann eine gute Ehe führen, kann guten Sex haben.
Ich kann vertrauen – Gott, und meinem Mann.
Ich bin frei – die Vergangenheit ist geheilt.
Ich kann mit meinen Töchtern sprechen, ohne Panik vor der Zukunft zu bekommen. Kann sagen: Dein Körper gehört dir. Diese und jene Berührungen sind nicht in
Ordnung.
Dein Nein zählt. Erhebe deine Stimme, Tochter, denn du bist wertvoll!
Ich weiß nicht wie gut du Ihn kennst, diesen Gott, von dem ich spreche.
Aber ich weiß, dass Er dich kennt. Und dass Ihm danach verlangt, dass es dir gut geht.
Aber weißt du? Wir müssen kommen, wir müssen uns auf den Weg machen. Zu Ihm. So wie wir sind. Und ehrlich werden. Die Entscheidung liegt bei uns.
In einer Zeit, wo es mir wirklich nicht gut ging, habe ich eine Predigt gehört. Der Gläubige wurde angeleitet, Jesus zu begegnen, und ich machte mit:
In Gedanken bin ich eingetaucht in die Bibel, zu der Stelle wo Jesus am Brunnen steht und wartet… Aber er wartete diesmal nicht auf die Samariterin. Er wartete auf mich.
Und während ich mich ihm langsam, mit gesenktem Kopf näherte, mich unwürdig fühlte, Ihn nicht anschauen mochte – so schlecht fühlte ich mich in seiner Gegenwart – sprach Er zu mir.
Voller Sanftmut und Liebe:
Du bist würdig!
Drei Worte. Einfach nur drei Worte.
DU. BIST. WÜRDIG.
Was mit mir in dem Moment geschah?
Ich fing an, innerlich zu heilen. Mir liefen die Tränen in Bächen hinunter.
Ich suchte ein Versteck im Haus, damit mein Mann mich nicht sieht.
Ich brauchte noch etwas Zeit alleine mit Jesus.
Wollte Ihn anschauen. Wollte zulassen, dass Er seine Hand auf meinen Kopf legt.
Ich wollte mehr von Ihm.
Du bist würdig.
Du bist würdig, geliebt zu werden.
Du bist würdig, in Meinen Augen.
Du bist würdig, dass Ich für dich starb.
Du bist würdig, vor Meinen Thron zu treten.
Du bist würdig.
Einfach so.
Kennst du das? Dieses Gefühl der Unzulänglichkeit?
Versteckst du auch Dinge in deinem Herzen? Würde es dir nicht viel besser gehen, wenn du es loswerden würdest?
Gebe IHM all deinen Zerbruch.
Bringe IHM deine Scherben.
Überlasse es IHM, dich zu erheben.
Glaube IHM, dass Er dich liebt.
Fürchte dich nicht. Glaube nur.
Glaube, dass Er größer ist als deine Vergangenheit.
Glaube, dass Er es gut mit dir meint.
Glaube, dass die Zusagen der Bibel für dich gelten.
Ich bete, dass du den Mut hast, ehrlich zu werden. Absolut ehrlich, damit du frei werden kannst.
Frei, um zu tun, was nur du tun kannst. Frei, um zu lieben wie du geliebt bist.
Frei. endlich frei!
Ich drück dich!
Deine Sally
familienlieben meint
Liebe Sally,
Vielen Dank für deinen Mut, so offen von deinen Verletzungen und deiner Heilung zu schreiben. Ich hoffe du berührst viele Frauen damit, die selbst verletzt sind. Das Bild von Jesus am Brunnen ist wundervoll. Seine Liebe ist so präsent in dem, was du schreibst.
Sei gesegnet,
Dorit
Sally Nielsen meint
Vielen lieben Dank für deine ermutigenden Worte Dorit Und ja, ich bete, dass Seine Heilung fließen möge ❤️ Herzliche Grüße, Sally
luisaseider meint
Oh, wow! Ich habe Gänsehaut! Danke für’s Teilen deiner Geschichte!
Sally Nielsen meint
Sehr gerne
Irina meint
Mir laufen nur so die Tränen über die Wangen. Vielen Dank für diesen so guten Text!
rausausderaffenfalle meint
Vielen Dank für deinen ehrlichen, mutigen Bericht!
Conny Martin meint
Ohje,.das ist so berührend und schööön geschrieben, dass ich weinen muss. Schön, dass es dir wieder gut geht.
Ich hatte eine schöne Kindheit und bin echt froh darüber. Schlechte Zeiten erlebte aber auch ich als Erwachsene. Nur durch Gottes bin ich da rausgekommen. Jetzt geht’s auch mir wieder gut und ich genieße meine Leben, so wie das mein himmlischer Vater für mich und meine Familie vorgesehen hat. Mir ist bewusst: Ich bin würdig. Vor allem: JEDER Solch eine Liebe ist schwer für Menschen nachzuvollziehen. Ich glaube einfach daran. Du bist gesegnete. Danke für deinen Beitrag und alles Liebe.
Conny
Himmelsstürmer meint
Ja, Gott heilt auch heute! Vor allem für die Zerbrochenen hat er eine so große Liebe und Hingabe! Wie schön, dass du Ihn in deinem Schmerz erleben kannst und nun auch andere damit ermutigst…so wie mich! Danke!