Am letzten Tag, den wir vor ziemlich genau einem Jahr in unserem alten Haus in Kanada verbracht haben, hat sich folgendes zugetragen:
Am Ende unserer Straße sehe ich vom Vorgarten aus ein Feuerwehrauto stehen. Kinder lieben ja alle Arten von Fahrzeugen, deshalb schlage ich Janina vor, dass wir uns das Feuerwehrauto aus der Nähe anschauen. Janina, damals knapp 3, kommt gerne mit. Feuer ist weit und breit keines zu sehen, also vermute ich einen Fehlalarm.
Tatsächlich aber beobachten wir, wie sich einige Feuerwehrleute und ein paar Passanten um einen Kanaldeckel versammelt haben und aufgeregt über irgendetwas diskutieren. Zwei der Feuerwehrmänner haben einen langen Kescher dabei, den sie immer wieder in den offenen Schacht des Kanals hinunterhalten. Ich bin ziemlich verwirrt. Was soll das denn???
Da entdecke ich auch meine Nachbarin. Sie zeigt mir eine Entenmama und ein paar Entenküken, die am Straßenrand hin- und her watscheln und erklärt mir, dass einige der kleinen Enten beim Überqueren der Straße in den Gully gefallen sind. Meine Nachbarin, die das beobachtet hat, konnte mit viel Nachdruck und Beharrlichkeit die Feuerwehr überreden, eine Rettungsaktion für die verloren gegangen Küken zu starten. Jetzt stehen hier also ein paar gestandene „fire fighters“, nicht in ihrer Uniform, aber in Arbeitskleidung- und statt sich in ein Flammenmeer zu stürzen, fischen sie nach kleinen Tierkindern…
Auf der anderen Straßenseite wird noch ein Kanaldeckel geöffnet- anscheinend schwimmen die kleinen Enten hin und her und wissen nicht so recht, wohin. Ein geistesgegenwärtiger Passant hat mit seinem Smart Phone das Gegacker der Entenmama aufgenommen. Immer wieder beugt er sich über einen der Schächte und spielt die Aufnahme ab, damit die kleinen Enten die Stimme ihrer Mutter hören und ihr folgen. Die Mama selbst watschelt indessen aufgeregt hin und her, drei ihrer Küken sind noch bei ihr. Sie schnattert in einem fort und muss immer wieder auf den Grünstreifen zurückgescheucht werden, damit sie nicht erneut auf die Straße läuft und womöglich noch überfahren wird.
Janina und ich sind einfach nur als Zaungäste dabei. Ich staune. So viel Einsatz für diese kleinen Tierkinder! Ob es wohl gelingen wird, sie aus dem Kanal herauszufischen? Einer der Feuerwehrmänner zieht gerade den Kescher nach oben, mit dem er unterirdisch geangelt hat: „There you go!“- da ist es! Das erste Entenbaby zappelt im Netz und wird von seinem Retter vorsichtig auf dem Rasen abgesetzt. Es dauert keine zwei Sekunden, bis es zu seiner Mutter gerast ist, die weiter aufgeregt schnattert.
Die gleiche Sache wiederholt sich noch zwei Mal. Nach ungefähr 20 Minuten sind alle drei Entenküken aus dem Kanal gefischt und watscheln quietschend hinter ihrer Mutter her. Meine Nachbarin scheucht die ganze Herde von der Hauptstraße weg in Richtung See, von dem die Entenfamilie wahrscheinlich auch hergekommen ist.
Janina und ich schauen noch einen Moment hinterher, bevor wir auch zusammen nach Hause watscheln. Mir ist nach dieser Aktion ganz warm ums Herz. Ich finde es großartig, dass meine Nachbarin sich so für das Leben der kleinen Tierkinder eingesetzt hat. Ich freue mich auch, dass die Rettung erfolgreich war. Meine kleine Tochter wird mich noch tagelang mit der Frage löchern: „Mama, warum sind die kleinen Enten in den Gully gefallen?“- solange, bis diese Frage in unserer Familie zu einem running gag wird, mit dem meine Kinder mich absichtlich nerven wollen (- gelingt natürlich kaum, haha).
Diese niedliche, herzerwärmende Episode hat für mich aber auch Symbolcharakter bekommen:
Wie oft gerate ich in meinem Leben auf Abwege?
Wie oft war ich schon –wenn auch glücklichweise nicht in einem Kanal- innerlich an Orten, die mir wie ein dunkles Loch vorkamen und aus denen ich mich nicht ohne Weiteres selbst befreien konnte?
Wie oft hat Gott nicht schon eine Rettungsmannschaft vorbeigeschickt, um mich da abzuholen, wo ich Hilfe brauche?
Das Bild der Entenküken, die aus dem dunklen Loch herausgezogen und zurück zu ihrer Mutter gebracht werden, möchte ich als Bild für Gottes Retter-Liebe in meinem Herzen behalten: Gott sucht das verloren Gegangene und gibt nicht auf, ehe er uns gefunden hat und an sein mütterliches Vaterherz drücken kann.
Wenn es Euch so geht wie mir, dann liegt das Wunder Eurer Errettung schon Jahre (oder gar Jahrzehnte…?) zurück. Dass Ihr angefangen habt, an Gott zu glauben, ist schon so lange her, dass es eine totale Selbstverständlichkeit für Euch ist. Ich habe mich in der letzten Zeit immer mal wieder staunend gewundert und gefreut, dass ich zum Glauben berufen wurde und dazu gehören darf – Gott hat mich gesucht und gefunden- wow!
Und dann sind da ja noch die anderen: Menschen, die wir kennen und lieben, die uns viel bedeuten, für die wir schon viel gebetet haben und vielleicht immer noch beten. Menschen, die noch ziellos unterwegs sind und etwas suchen, das ihnen Ruhe und Frieden schenken kann. Auch für sie kann Gott so eine Rettungsaktion auf die Beine stellen und sie aus ihrer Dunkelheit heraus-fischen.
Ob wir noch dran glauben können? Auch hier macht mir der Gedanke an „meine Enten“ Hoffnung- wer weiß, welche Rettungsstaffel sich schon bereit macht zum Einsatz…?
Okay, jetzt habe ich die armen Enten theologisch doch ganz schön ausgequetscht. Deswegen hör ich jetzt schnell auf und sage nur noch:
Ente gut, alles gut (entschuldigt bitte, aber das musste jetzt sein…)!
Ihre Kommentareingaben werden zwecks Anti-Spam-Prüfung an den Dienst Akismet gesendet. Weitere Informationen und Hinweise zum Widerrufsrecht finden sich in der Datenschutzerklärung.
Wir nutzen die eingegebene E-Mailadresse zum Bezug von Profilbildern bei dem Dienst Gravatar. Weitere Informationen und Hinweise zum Widerrufsrecht finden sich in der Datenschutzerklärung.