Vor einigen Wochen hatte ich die Aufgabe in einem Psychologie Masterkurs mir selbst einen Brief zu schreiben über meine Schwächen. Das Ziel war, mir in dem Brief selbst ein Loblied zu schreiben. So dass ich diesen Brief in schwierigen Zeiten, in denen ich an mir selbst zweifle, herausholen kann. Dieser Brief war eine Übung, die man mit Klienten anwenden kann und wir sollten einfach schreiben, was uns spontan einfiel. Einfach um es selbst ausprobiert zu haben. Ich begann zu schreiben und was ich mir selbst schrieb, verblüffte mich.
Liebe Priska,
ich sehe wie du dich verausgabst. Immer mit dem Wunsch, perfekt zu sein und mit dem Wissen, es niemals, auch nur ansatzweise zu sein. Du bist nie zufrieden mit dir. Du willst immer noch mehr und kommst dadurch niemals an in deinem Leben.
(…)
Du musst nicht weniger machen, du musst nicht weniger sein, aber du musst nicht von dir verlangen, all diese vielen Dinge auch noch in Perfektion zu machen. Oder dich hinterher heimlich zu ärgern, weil es doch nicht perfekt ist. Du darfst wachsen, besser werden, dir selbst vergeben und im Laufe der Zeit eine immer bessere Version deiner selbst sein. Du musst nicht heute schon so klug und weise sein wie mit 60 Jahren. Du musst nicht die perfekte Mutter sein und auch nicht die perfekte Ehefrau. Auch nicht die perfekte Freundin.
Du bist geliebt, so wie du bist. Von Gott und auch von allen um dich herum. Also liebe dich selbst mit all deinen Fehlern und hör auf dich selbst zu drangsalieren.
Als ich fertig war mit Schreiben, hielt ich inne. Bis dato war mir gar nicht bewusst gewesen, dass genau dies mein Problem und mein Herzensschrei ist. Immer besser und perfekt zu sein. Dabei bin ich nicht mal Perfektionist! Meine Einstellung ist: „80% reichen völlig aus“.
Was Neid mit Perfektion zu tun hat
Wir haben als Familie vor einigen Jahren in Leipzig eine Doppelhaushälfte gebaut. Leipzig boomt und wird immer teurer, so dass Baugrund inzwischen kaum noch verfügbar und wie überall in Großstädten nicht mehr finanzierbar ist. Vor einigen Jahren haben wir gerade noch „Glück“ gehabt. Wir wollten nur beide eigentlich niemals eine Doppelhaushälfte haben. Und ich persönlich niemals ein gelbes Haus mit rotem Dach. Doch so ist es gekommen. Uns gegenüber auf der anderen Straßenseite steht eine riesige, wunderschöne Villa die von Generation zu Generation vererbt wird. Die Nachbarn haben hinten im Garten ein überdachtes, eigenes Schwimmbad, eine Tiefgarage und die teuersten Autos. Sie sind sehr freundliche, nahbare, hart arbeitende und nette Menschen.
Ich gönne es ihnen von Herzen. Ich würde sagen: Ich bin nicht neidisch. Mein Herz ist groß.
Aber stimmt das?
Neid hat auf der einen Seite etwas mit gönnen können zu tun. Wenn wir neidisch sind, können wir nicht ertragen, dass jemand anderes etwas hat, was wir nicht besitzen. Neid bringt uns leider weder das Gewünschte, noch macht er uns glücklich. Er macht uns sogar unzufrieden und bringt uns dadurch innere Unruhe, Missgunst und Leid.
Neid in meinem Fall kommt etwas heimlicher. Er lugt um die Ecke, wenn ich sehe, wie wunderschön andere sich eingerichtet haben. Er schaut mich durchs Fenster an, wenn ich sehe, dass Bekannte von mir einen Spiegel Bestseller geschrieben haben. Mein Neid hat nichts damit zu tun, dass ich anderen ihr Leben nicht gönne und mich nicht für sie freue. Er macht mich aber unzufrieden mit meinem eigenen Leben und zeigt mir alles, was ich nicht habe. Mein Neid macht, dass ich mich über mein eigenes Leben nicht mehr so sehr freue.
Er macht auch, dass ich mich immer weiter anfeuere. Immer besser werden, immer noch mehr machen, immer noch mehr von mir fordern und niemals zufrieden sein, weil es niemals perfekt sein kann.
Was ist der heilsame Weg aus dieser Falle?
Eine Lösung ist, selbst in mir anzukommen und mich zu lieben. Es ist ein Prozess der Vergebung und das sich-selbst-annehmen beinhaltet. Wir werden nicht das Leben anderer Menschen führen können. Wir sind mit bestimmten Voraussetzungen auf diese Erde gekommen, die oftmals auch ungerecht sind. Wir werden weder die körperliche noch intellektuelle Verfassung der Anderen haben, gepaart mit dem Geld, den Möglichkeiten, dem Wohnort und der Familiensituation.
So wie es ist, so ist unser Leben. Und wir haben nur dieses eine Leben!
Wenn ich nun mein ganzes Leben damit verbringe, mir vorzustellen, ich würde oder könnte anders leben, verschwende ich es mit Missmut und falschem Perfektionsanspruch. Ich verpasse mein eigenes Leben.
Eine zweite Lösung heißt: Mitfreuen.
Diese Haltung kann man trainieren. Wie den Glücksmuskel. Je öfter ich Glück in den kleinen Dingen suche, desto öfter werde ich sie auch finden. Ebenso kann man sich antrainieren, sich mit anderen Menschen über deren Glück zu freuen.
Das funktioniert, indem wir den ganzen Tag unseren Geist beobachten und beginnen, unsere Gedanken zu kontrollieren. Wir sind unseren Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert, sondern wir können sie mithilfe unserer Gedanken steuern. Nur wir allein wissen, wie oft wir negativ oder positiv über andere Menschen denken.
Um wahrhaft frei zu werden; um wahrhaftes, tiefes und inneres Glück zu finden, müssen wir Neid aus unserem Leben verbannen.
Ich wünsche meinen Mitmenschen das Allerbeste. Segen ohne Ende. Und das wünsche ich mir auch. Eine Genügsamkeit mir gegenüber. Eine Zufriedenheit, die mir jeden Tag mehrmals zuraunt:
Hey, es ist richtig gut.
Das ist Priska!
Mehr zu Priska mit den Links zu Social Media und ihrem Blog findet ihr etwas weiter unten auf dieser Seite.
Aber ich musste euch hier einfach unbedingt noch ihr Gesicht zeigen! Priska ist nämlich einfach wunderbar!
Dieses geniale Foto von einer klasse Frau stammt von Judith Ziegenthaler. {Fotocredits}
Vorgärtnerin meint
Hallo Priska!
Eins würd mich ja noch interessieren: steckst du gerade mittendrin in dem Prozess oder hast du das alles vor langer Zeit schon unter die Füße gekriegt?
p.s. und das gelbe Haus mit dem roten Dach … mach es wie die Rolling Stones. Paint it black.
Priska meint
Ich würde sagen, dass es ein Prozess ist, der immer wieder Selbstreflexion braucht. Vielleicht sind wir auch nie ganz fertig damit?
luisaseider meint
Auch wenn ich es ungerne zugebe, aber ich dachte beim Lesen: Da beschreibt jemand mich….