Dieser Text erschien zuerst auf Den Spatz in der Hand und wird hier für euch mit lieber Genehmigung von Christina geteilt!
Gestern stand ich in einer Grabhöhle und habe mich geärgert.
Also nicht in einer wirklich echten Grabhöhle, aber im toll gebauten Grabgang vom Stuttgarter Ostergarten. Der dunkle Übergang vom Kreuz bis zur blühenden Auferstehungslandschaft.
Ich habe als Requisiteurin zwei Führungen begleitet, was bedeutet: Ich schaue, dass alle zur nächsten Station mitkommen, schließe Tore und Vorhänge, schalte die Hintergrundgeräusche wieder ein und komme folglich immer als Letzte an.
Während ich also die Grabhöhle betrete höre ich den Reiseleiter schon rufen: „Der Herr ist auferstanden!“
Und in mir sträubt sich alles dagegen!
Weil ich gerade erst am Kreuz vorbei bin. Weil ich noch im Dunkel stehe und noch nicht mal an den Tüchern mit den Worten: „Er ist nicht hier“ vorbeigekommen bin.
Natürlich ist das jetzt nicht wirklich ein Fehler vom Ostergarten. Es gehört einfach zu meiner Aufgabe in diesem hellen Raum als Letzte anzukommen.
Aber mich beschäftigt das Ganze immer noch. Weil es eine Ebene tiefer gelandet ist. Und ich darüber nachdenke ob wir Jesusnachfolger das immer wieder mal machen (und ich schließe mich selbst damit ein!):
Ob wir uns gegenseitig nicht zu wenig Zeit geben – für das Suchen im Dunkel.
Für die Zweifel. Die Trauer. Den Schmerz. Die ungelösten Fragen.
Ob wir nicht oft viel zu schnell durch dunkle Räume gehen und schon eilig die Osterbotschaft rufen, während sich die Hälfte unserer Reisegruppe noch an den Grabwänden entlangtastet.
Ich muss an die Worte von Ester Maria Magnis denken:
Unser Glaube hat in sich das Wissen um den ganzen Dreck der Welt. Er hat einen Schrecken. So wie diese Welt. Und dann erst kommt die frohe Botschaft.
In diesen Tagen vor Ostern spüren wir etwas von dem Schrecken dieser Welt.
Wir sehen verstörende Bilder aus ukrainischen Dörfern und fassen nicht, was Menschen Menschen antun können. Und zusätzlich gehen viele durch ihre ganz persönliche Nöte. In meinem Umfeld zerbrechen Ehen, kämpfen Freunde mit den Folgen ihrer schweren Vergangenheit, während andere Schmerzen ertragen müssen oder vor Sorge um ihre Kinder nicht in den Schlaf finden.
Da kann man manchmal nur schweigend daneben stehen. Das muss man mal aushalten. Und das fällt mir oft so schwer.
Ich finde Gott hält so viel aus. Er hält uns Menschen aus. Er hält unsere Fragen aus. Die Verwünschungen, die wir ihm im Dunkel entgegenschleudern.
Der Gott, der Wunden trägt. Der seinen Sohn in die Hände von Folterknechten gab. Jesus. Der Schmerzen ertrug. Der keine Abkürzungen ins Licht nahm. Der verzweifelt schrie: „Warum Gott, hast du mich verlassen?“ Der zwei Tage im Grab blieb.
Und dann, am dritten Tag, ganz liebevoll, ganz persönlich seinen Jüngern begegnet ist und es ganz langsam bei ihnen ankam, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist.
Und auch das habe ich gestern im Ostergarten gespürt:
es ist die beste Geschichte, die man erzählen kann!
Das gilt besonders dann, wenn man sich Zeit für die einzelnen Kapitel lässt und nicht vorzeitig zum guten Ende springt (wie ich das als Kind immer bei den Büchern getan habe, wenn ich die Spannung kaum noch ertragen konnte).
Es sind noch ein paar Tage bis Ostern.
Nehmen wir uns Zeit.
Gehen wir durch die düsteren Räume der Geschichte. Gethsemane. Golgatha.
Die Kämpfe. Die Einsamkeit. Der Schmerz.
Halten wir in diesen Tagen das Dunkel zusammen aus.
Dann erst kommt die frohe Botschaft.
Naemi meint
Wow danke danke danke Antschana für das Teilen von diesen Eindrücken von Christina!! Kommt genau richtig als Unterstützung, da ich gerade eine Freundin auf ein Tabuthema angesprochen habe obwohl ich es doch zuerst wieder lassen wollte wie schon so oft. Herzlichen Gruß in dieses AprilWochenende
Anne meint
Ein total cooler- tiefgründiger Artikel! Hat mich sehr inspiriert!
Lieben Dank
Anne